Exposé...

..ZUM 31.03.2011


Ich fange etwas unorthodox an und schweife ab, bevor es jemand anderes tut: Mit Zahlen konnte G. nie viel anfangen. Eigentlich nicht mal ein Bisschen. In der Grundschule verwechselte er Mal die Bedeutung von Plus und Minus. Das war seltsam, schließlich hatte man den Schülern doch zuerst das Plusrechnen und erst später das Minusrechnen beigebracht! G. war sich absolut sicher, daß seine Großmutter das so mit ihm geübt hatte und daß er sich beim Proberechnen noch gewundert hatte.. Sie übten mit einem pädagogisch hochkarätigen Rechenspiel, bei dem die Ergebnisse in Form von Quadraten aus Kunststoff, die mit Ziffern bedruckt waren, bei jeder Lösung auf einem rechteckigen Feld positioniert wurden. Wenn das rechteckige Spielfeld sich mit den Zahlenquadraten gefüllt hatte, durfte man das Ganze umdrehen, wodurch die bunten Rückseiten der Kunststoffquadrate sichtbar wurden. Zusammen ergaben die Rückseiten ein stimmiges Mosaik aus einfachen Formen in drei Primärfarben. Das Spiel könnte sogar jemandem bekannt sein?


In der fünften Klasse hatte G. seine erste schlechte Note. In Mathematik -und nicht in Rechnen- wie es von nun an bei Frau B. hieß. Frau B. war eine gute Lehrerin. Sie leitete eine pädagogische Selbserkenntnis- & -Hilfe-Gruppe mit dem Namen "Lernen lernen". Nach dem zweiten überraschenden Ausreichend in Mathematik schlug Frau B. ihrem verzweifelnden Schüler vor, sich den Lernen lernenden anzuschließen. Doch G. war zu sehr von Selbstzweifeln geplagt, die seinem bröckelnden Fundament der Zahlenlehre entsprangen. Mit Frau B. warmgeworden war G. zwar nie - sie hatte irgendwie zu wenig Ecken und Kanten, als daß er sie wirklich hätte verstehen können so als Mensch. Aber sie war ohne Zweifel eine sehr gute Lehrerin, eine makellose Pädagogin und mit Sicherheit auch ein durchweg guter Mensch. Verheiratet war sie mit Herrn B. - Physiklehrer am selbigen Gymnasium. G. hatte in der Mittelstufe irgendwie Angst vor ihm. Vielleicht lag das an seiner offenkundigen Fachkompetenz. Diese Stabilität und dieses Selbstverständnis mit dem er bestimmt Grundlagen nach einmaligem Erklären vorraussetzte. Das ist eben so in den naturwissenschaftlichen Fächern der Lateinklasse! Der Lehrplan ist straff trotz Latein und Französisch!! Und so kommt es, daß G. sich 13 Jahre nach seinem Abitur noch daran erinnern konnte, wie Herr B. die (eben nicht) omnipotente Schwerkraft und die Fliehkraft mithilfe einer Kugel veranschaulichte, die er durch verschiedene Holzmodelle rollen ließ.


 [Acid Pauli: "BILLY THE KILLY"]

Es führt in diesem Kontext definitiv zu weit, aber erinnern kann G. sich heute ebensogut an die legendäre Knallgasprobe im Chemieunterricht. Herr S. kannte die Schüler seit der fünften Klasse und somit jeden einzelnen in seinen zwei charakteristischen Aggregatszuständen des Kindseins. Vor dem Bart und nach dem Rasieren. Höhö. PENG! Sauerstoff, Wasserstoff, und dann ..nichts. Eben wollte ich noch den Text in eine vernünftige Richtung umleiten, und ZACK sind wir mirnichtsdirnichts auf der anderen Seite des Big Bäng. Im Nichts halt. Und wie allgemein bekannt ist: "Von Nichts kommt Nichts!" Beim Urknall war das anscheinend irgendwie anders. In einem Zustand - nein.. aus einem Nicht-Zustand heraus löst sich -Gott weiß wie- ein Quantenpartikel und tanzt aus der Reihe, wodurch auf einmal sein Tanzpartner -ein Antimaterieteilchen- bemerkt, daß es nun alleine dasteht. Resigniert verläßt es die Tanzfläche und schwört sich in der Dunkelheit dieses erste emanzipierte Higgs-Boson niemals aus den Augen zu lassen.

["THE HUNT FOR THE HIGGS"]

13,7 Milliarden Jahre vergehen, ohne daß dieses verstimmte Antigraviton auch nur ein Mal blinzelt, während sein einstiger Tanzpartner inzwischen alles Erdenkliche gewesen ist und wasauchimmer zu jeder beliebigen Zeit wieder sein kann und definitiv werden wird: Ein Staubkorn, ein Golfball, ein Flaschenzug, eine schlechte Note, ein Tatendrang, ein Gitarrenakkord, eine Revolution, ein Zwinkern, eine Assoziation, ein 29ster Februar, ein graues Haar, mehr Licht, eine Sekunde noch bitte, ein paar Buchstaben später. Also lassen wir jetzt das G.-tue ..ich mußte einfach so weit ausholen, weil ich weiß, daß ich sonst nicht zum Punkt komme.

Eine meiner ersten praktischen Arbeiten an der Hochschule beschäftigte sich..., nein ich beschäftigtigte mich zu einem Maße mit Zahlen, daß es mir nicht mehr nur lästig war, sondern auch hinderlich wurde im Alltag. Ich werde das gleich detaillierter erzählen. Letztendlich hat dieses Vorhaben meiner Diplomarbeit über einem wissenschaftlichen Anspruch hinaus auch therapeutische Wirkung. So heißt es zumindest und allgemeinhin munkelt man dies sei der angenehme Nebeneffekt, den diese Art von Studium mit sich bringt ..hmpf. Die primären Effekte, wie etwa die von dieser oben erwähnten frühen praktischen Arbeit wirkten auf jeden Fall eben so therapierend, wie es eben so spekuliert wird über das Kunstschaffen. Künstlichschaffen - das klingt für mich irgendwie cooler! Was ich hier genau sagen wollte ist zweifelhaft und in seiner Relation unscharf. Man muß halt doch selbst gucken am End. Aber egal, ...Prof Blum, bei dem ich im dritten Semester diesen kleinen Musikfilm über die Allgegenwärtigkeit von Zahlen machen würde, wollte eigentlich mit Laura telefonieren doch hatte er nun ihren neuen Mitbewohner am Hörer - mich also. "Oh, hallo! Mit Dir hatte ich jetzt nicht gerechnet, aber trotzdem gut, daß ich Dich am Apparat hab!" Unsere Telefonnummer war die 813177. 8 für die Moebius-Schleife, 13 für die 7 Buchstaben im Vornamen plus die 6 im Nachnamen, 17 für die Freundschaft (das ist irgendwie so..) und als Bonus noch ne 7, weil 7 mal 7 gibt 49 und 4 plus 9 dann wieder 13. Am 13ten April ist Jacques Lacans Geburtstag! Und Jaquelines auch! :) Sie mag es nicht, wenn man sie so nennt, aber mich erinnert das an Picassos französische Jacqueline. Eines der Portraits, das er von ihr gemalt hat ist mein absoluter Lieblingspicasso. Ich denke an die geraden Linien, die zu Dreiecken aus Primärfarben werden und Jacquelines Kleid entstehen lassen. So in etwa, wie diese abstrakten Mosaike auf der Rückseite dieses Rechenspiels früher.


[Closer Musik: "2 THE BEAT, 2 THE ROCK"]

Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch: Ich bin nicht auf dem esotherischen Pfad der Zahlenmystik, oder ähnliches. Ich versuche nur gleichsam zu erwähnen, welche kleinen Kuriositäten uns auf diesem etwas abstrusen Weg begegnen...

Und somit zurück zu Jacques Lacan, der an einem 13ten April geboren wurde. Der französischen Psychoanalytiker und Freud-Enthusiast ist für seine Forschung und überhaupt für die Erkenntnis über eine syntaktisch strukturierte Psyche samt ihres Unbewussten bekannt. So entschlüsselt Lacan die Funktionsweisen der Psyche semiotisch über drei Ecken in Form des Borromäischen Knotens, bei dem jeder der drei Ringe untrennbar mit den zwei anderen verflochten ist, wodurch jegliche Verlagerung eines einzelnen der Ringe auf die zwei anderen einwirkt. Konkreter soll hierauf erst in der nunmit angekundigten Diplomarbeit eingegangen werden. Doch seien an dieser Stelle Lacans Ausführungen über das Spiegelstadium im frühen Kindesalter erwähnt: So spielt der Spiegel eine tragende Rolle in der Schlüsselszene, auf die der Mensch die Erstaufführung seiner eigenen Selbsterkennung erfährt. Aus dieser substanziellen Funktion heraus wird dem Spiegel als Symbolbild eine tiefenpsychologische Urkraft zuteil, die es als ein Grundmotiv im Wortschatz der Psyche einprägt. Als umso schlüssiger stellt sich der so scheinbar willkürlich hergestellte Querverweis von Lacan auf Picasso heraus.., denn hier -im Spiegel, bei den Palindromen- schließt sich der Kreis..:


Diesen lateinische Satz lesen wir in die Ruinen Pompeiis graviert. Seine wörtliche Bedeutung ist unklar, denn das Wort "Arepo" existiert nicht im lateinischen Wortschatz. Geht man von der Annahme aus, es handle sich um einen Personennamen, hieße der Satz übersetzt: "Der Sämann Arepo hält mit Mühe die Räder". Charakteristisch ist, daß sich der Satz nicht nur rückwärts lesen läßt, sondern auch auf- und abwärts innerhalb einer Matrix, bei der jedes Wort eine Zeile ausfüllt. Ein Palindrom 'im Quadrat' :P Auf mathematischer Seite sei an dieser Stelle erneut die Zahl 13 zu beleuchten: Sie ist die erste Zahl, die bei Addition mit ihrer Kehrzahl -der 31- die Palindromenkette beendet: 13 plus 31 ergibt 44. Die Umkehrung der 44 führt also bei dieser Vorgehensweise nicht weiter. 4 plus 4 ergibt 8. Picasso starb an einem 8ten. Im April...

[JACQUELINE ROQUE gemalt von PABLO PICASSO]

Als Filmstudent möchte ich ausgehend von hier Slavoj Žižeks Anlehnungen an Jacques Lacan bei seinen Interpetationen der Filme von Alfred Hitchcock und David Lynch genauer untersuchen, um dann die Brücke zu schlagen zwischen Film- & Geisteswissenschaft zu jenem Koordinatenpunkt, an dem die unbeleuchtete Ecke der menschlichen Psyche -das Unbewusste- in das vieldiskutierte, hinterfragte und sogar gänzlich angezweifelte Objekt übergeht, mit dem sich die Sprache der Mathematik befaßt. Das gelingt mithilfe von Lacans Methode, bei der er die Mathematik zum Verständnis der Logik des Unbewussten einsetzt. So soll Lacan sich beispielsweise am Unvollständigkeitssatz von Gödel orientiert haben. Um in dieser Richtung umfassende und zielgerichtet brückenschlagende Einblicke zu gewinnen ist der Veruch Douglas R. Hofstadters Werk "Ein endlos geflochtenes Band" über Kurt Gödel, Maurits Cornelis Escher und Johann Sebastian Bach von absoluter Priorität. Die grafische Darstellung mathematischer Phänomene und deren Paradoxien bei deren Übersetzung in eine physische Welt, aber auch räumlich mögliche Gebilde, wie die Moebius-Schleife, die für Žižeks Filminterpretationen eine wesentliche Rolle spielt, oder die Mandelbrot-Menge -bekannt als Apfelmännchen- werden bei der Suche nach dem Tangentialpunkt zwischen dem Unbewussten und der Mathematik hilfreich sein.

[Schaubild der "MANDELBROT-MENGE"]



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